Impuls MCC Köln, Ines-Paul Baumann
5. Jan. 2025
1. Thessalonicher 5,21
Seit ca. 10 Jahren hängt die diesjährige Jahreslosung an dem klapprigen Notenständer, der bei uns als Ambo und Kanzel dient („Ambo“ = üblicherweise Pult für Bibellesungen; „Kanzel“ = da wird üblicherweise gepredigt):
Prüft alles und behaltet das Gute!
1. Thessalonicher 5,21 (E)
In Zeiten von Hetze und Fake News ist diese Aufforderung besonders einleuchtend.
Ursprünglich galt sie als Grundsatz für Gemeindeleben:
„wo Menschen in prophetischer, also Zuspruch, Ermutigung, Orientierung und Durchblick stiftender Weise sprechen, soll nicht einfach gefolgt, sondern kritisch nachgefragt und entschieden werden“
Andreas Loos und Thorsten Dietz in:
https://fokustheologie.ch/wp-content/uploads/2024/11/LWE_Jahreslosung-2025.pdf
Ich möchte die Jahreslosung heute anhand von vier Kategorien beleuchten. Schaut einfach, welche der kurzen Schlaglichter euch abholen, ansprechen, berühren oder sonstwie mitnehmen:
1) Glaubensinhalte, -entscheidungen und -umsetzungen sind ein PROZESS.
Für diesen Prozess braucht es unterschiedliche Schritte:
- immer wieder Impulse aufnehmen:
Glaube besteht nicht nur aus dem Bekannten, Beliebten, Eingespielten. - immer wieder entscheiden:
Glaube verlangt mehr als Indifferenz, Beliebigkeit oder alles offen zu halten. Sondern dazu gehört auch, JA und NEIN zu sagen zu Sachen, die in der Gemeinde als Glaubensinhalte geäußert werden. - immer wieder umsetzen, einspielen, ausprobieren:
Glaube hat eine PRAXIS (innerhalb und außerhalb der Gemeinde). - immer wieder neu in Frage stellen oder sich bewähren lassen:
Glaube kann in unterschiedlichen Zeiten und Kontexten unterschiedliches ‚Gutes‘ hervorbringen oder als Grundlage haben.
Hier geht es also darum, DASS wir prüfen und behalten.
2) Impulse UND Austausch sind wesentlich.
Was ermöglicht Impulse und Austausch? Und was ermöglichen Impulse und Austausch als Konsequenz?
- Voraussetzung: Es gibt ein Miteinander (aber nicht auf Kosten von Eigenem, sondern um Eigenes einbringen, korrigieren und schärfen zu können).
- Voraussetzung: Es wird etwas zu Prüfendes angeboten. Menschen haben und teilen ihre Meinungen, Eindrücke, Ideen und Vorstellungen.
- Im Glaubensleben geht es also gerade NICHT um Entscheidungen von vorne oder von oben. (Braucht es überhaupt ein vorne oder oben?)
- Dafür brauchen wir einen Raum, der frei(er) ist von Angst, frei(er) von Manipulation, frei(er) von polarisierendem Gegeneinander.
Dies alles berührt also die Frage: WIE prüfen und behalten wir? Was ermöglicht es uns, das zu tun?
3) Was ist „das Gute“?
Was ist der Maßstab beim Verwerfen und Behalten?
- Paulus sagt ja NICHT:
„Prüfet alles Bewährte, Alte, Wahre, Traditionelle, Neue, Festgelegte, Umwälzende, …
und behaltet das Gegenteil davon.“
(Das Gute kann im Neuen genau so drinstecken wie im Bewährten, etc…)
Die Frage ist also: WORAN prüfen und behalten wir?
4) Wie wirkt sich diese Glaubensgrundhaltung auf dein Glaubensleben und deine Entscheidungen aus?
- Erlebst du deine Gemeinde als Raum für vielleicht neue, vielleicht ungewohnte, vielleicht gute UND vielleicht verwerfenswerte Impulse? Findest du in deiner Gemeinde Raum für Auseinandersetzung mit Geäußerten, Raum zum Prüfen, Raum zum Verwerfen, Raum zum Behalten und Ausprobieren?
◦ Wenn ja: Wie kannst du das verankern? Wie kannst du das ggf. auch anderen mit zur Verfügung stellen?
◦ Wenn nein: Was fehlt konkret? Wo könntest du das finden? Wie kannst du dazu beitragen, dass es auch anderen zur Verfügung steht? - Hast du auch bei anderen Themen die Voraussetzungen, um „Zuspruch, Ermutigung, Orientierung und Durchblick stiftende[s]“ zu erfahren, zu prüfen und das Gute zu behalten?
◦ Wenn ja: Wie kannst du das verankern? Wie kannst du das ggf. auch anderen mit zur Verfügung stellen?
◦ Wenn nein: Was fehlt konkret? Wo könntest du das finden? Wie kannst du dazu beitragen, dass es auch anderen zur Verfügung steht?
Schau also mal bei dir selbst nach: WO KANNST DU prüfen und behalten?
Nachüberlegung: Wie schneidet die MCC Köln ab bei diesen vier Aspekten?
Zu 1:
Die Vorstellung von Glaube als Prozess ist Teil unseres Selbstverständnisses. Im Glaubensbekenntnis der weltweiten MCC heißt es zum Beispiel, dass wir „Teil eines fortwährenden Gesprächs über Glaubensleben und Glaubensfragen“ sind.
Zu 2:
Tatsächlich enthalten unsere Gottesdienste seit Jahren sowohl einen liturgischen Teil als auch einen Teil für bewussten Austausch. Und nicht zufällig sprechen wir zunehmend von „Impulsen“ statt von „Predigten“. Die Idee von „Impuls & Austausch“ ist also schon länger fest in die Struktur unserer Sonntage integriert.
Zu 3:
Hier fällt mir zum Beispiel unsere Mitgliedschaftsvereinbarung ein. Anstatt dass es Vorgaben dafür gibt, was für Einzelne von uns „gut“ ist, laden wir explizit dazu ein, dass Lebensentscheidungen für unterschiedliche Menschen unterschiedlich ausfallen können.
Zu 4:
Dass Glaube und Leben miteinander verwoben sind, ist eine tragende Säule der vier Grundwerte der MCC weltweit. Auch hier gründet unser Miteinander nicht darin, dass wir alle dasselbe denken, sondern darin, dass wir einander gerade in unserer Vielfalt als „in prophetischer, also Zuspruch, Ermutigung, Orientierung und Durchblick stiftender Weise“ (Andreas Loos und Thorsten Dietz) erleben. Oder wie es das UFMCC-Glaubensbekenntnis ausdrückt: „Wir glauben nicht alle dasselbe. Und doch finden wir inmitten unserer Vielfalt als Gemeinschaft zusammen, basierend auf der Liebe Gottes für alle Menschen“ (statt auf Einheitlichkeit oder auf Gleichförmigkeit unserer Glaubensüberzeugungen!).
Ich freue mich auf ein Jahr in der MCC Köln, in dem wir all dies weiter vertiefen und ausbauen können.
G*tt segne das Teilen von „Zuspruch, Ermutigung, Orientierung und Durchblick“!
G*tt segne das Prüfen!
G*tt segne das Verwerfen und das Behalten!
Was ist für dich gerade dran? In Bezug auf deine eigenen Wege? Und in Bezug auf das, was du zu Wegen anderer beitragen kannst?
Quellen:
UFMCC Grundwerte: https://www.mcc-koeln.de/mcc-koln/grundwerte/
UFMCC Glaubensbekenntnis: https://www.mcc-koeln.de/mcc-koln/glaubensbekenntnis/