Predigt MCC Köln, 24. Februar 2019
Manfred Koschnick
Apostelgeschichte 16,9-15 (Der Ruf nach Makedonien)
Ich grüße das Göttliche in Euch! Namaste. Der Friede Gottes sei mit Euch allen.
Da scheint auf der Fahrt nach Makedonien nicht viel passiert zu sein: Keine Menschenansammlungen, keine Wunder, keine Bekehrungen. Sicher hätten sich die ersten christlichen Missionare das anders gewünscht.
Doch dann plötzlich geschah etwas tiefgreifendes ganz unspektakulär. Sie trafen auf die Purpurhändlerin, die eh schon an den Gott Israels glaubte. „…. da tat der Herr das Herz auf, so dass sie darauf acht hatte, …“. Ihr wurden Erkenntnis und Vertrauen in Christus geschenkt.
Geliebte Gemeinde, wie geht das, dass das Herz aufgeht, so dass Achtung entsteht? Was ist passiert, wenn wir plötzlich Gottes Wort nicht nur hören, sondern es auch als solches erkennen, lieben und verstehen?
Mir passiert es manchmal, dass ich plötzlich den Text eines englischen Songs verstehe, von dem ich mir früher immer wünschte, ich könne ihn verstehen. So verrückt und paradox es klingt, es liegt am spontanen Vergessen. Ich vergesse, dass ich in Englisch nicht gut bin. Gemäß physikalischer Gesetze kann eine Hummel nicht fliegen. Man sagt, sie könne es trotzdem, weil sie von physikalischen Naturgesetzen keine Ahnung hat. Es gibt ein spirituelles Vergessen aus Gnade. Opfer von Gewalt dürfen diese Gnade beanspruchen …Täter nie – ihr Job ist es, vorbeugend/präventiv nie zu vergessen. Das gilt auch für die Täterschaft ganzer Völker.
Doch nun zurück zur Gnade des spirituellen Vergessens. Was vergesse ich, wenn ich die fremde Lautmalerei als verständliches Wort identifizieren kann, wenn ich mich plötzlich und unerwartet an die englischen Vokabeln erinnere? Ich vergesse, was mich jemals und anhaltend hinderte, sie zu verstehen. Es ist meine Angst. Mein Verstehen ist abgekapselt durch alles, was ich bisher darüber erfuhr und dachte. Ich dachte: Ich versteh‘ sowieso nix! Ich bin zu doof. Lernen und merken ist eine Qual. Lieber verstecke ich mich ängstlich vor dem Lehrer und anderen englischsprachigen Herausforderungen. Wenn einer wie der Lehrer merkt, was ich alles nicht kann, entsteht eine blamable Katastrophe. Vielleicht werde ich von allen verstoßen, bis hin zur Abschiebung in die Sonderschule! Wenn ich die Mittlere Reife erst habe, darf ich endlich alles vergessen, was ich je in den angsteinflößenden Schulfächern gelernt hatte. Religion und Biologie gehörten nicht dazu. Das sieht man noch heute an meinen Predigten.
Mit diesem Denken kann man Alternativen und Problemlösungen „erfolgreich“ ausschließen. So geht es manchen Menschen auch mit dem eigenen Glauben. Das führt dann zu selektiver Wahrnehmung und der 8. Todsünde, der Naivität! „Was nicht sein darf, das nicht sein kann“, ist mein heimliches unbewusstes Lebens-Motto. Es macht mich blind für die Wahrheit in persönlichen Beziehungen, in Staat bzw. Politik, Beruf, Selbsterkenntnis und Religion. Beispiele:
- „Es darf nicht wahr sein, dass Gott nur das Gute will, denn warum geschieht dann das Böse.“
- „Es darf nicht wahr sein, dass ich von Gott, der Schöpferin, gewollt bin, denn es schränkte womöglich meine Gewissensfreiheit ein, zu sterben wann ich will – und diese Freiheit darf ich nie aufgeben.“
- „Es darf nicht wahr sein, dass meine Eltern recht hatten, denn dann hätte ich mich all die Jahre lang in meinem kindischen Trotz geirrt, und das darf nicht sein, das wäre zu beschämend für mich.“
- „Es darf keine eigene Schuld für mich geben; deshalb kann ich nicht schuldig sein.“
- „Glaube, Predigt und Gesang dürfen mich nicht verwirren; deshalb kann der wahre Glaube, die wahre Religion nie verwirrend sein.“
Diese von Angst statt Liebe geprägten Überzeugungen sind die Dogmatik des Unglaubens, der Angst. Ich bzw. mein Ego kann ein sturer Dogmatiker sein. Ich habe schon manche Wunder erlebt, die meinen Glauben aber nicht nachhaltig stärkten. Wunder gescheh’n halt. Ich hab’s gesehn. Heute oder morgen können sie geschehen. Na und? Wunder gibt es doch immer wieder… Mir war, als hätte ich eine sexy Erscheinung gesehen, ohne verliebt zu sein. Das Wunder hatte mich tief in der Seele nicht erreicht. Mit 20 Jahren hatte ich eine kurze Affaire mit einem 18jährigen wunderschönen Balletttänzer. Das war nach 3 Wochen normal und so gewöhnt gewöhnlich, dass ich seine Schönheit nicht mehr sah. Dass es Gott und z.B. Sexappeal oder herrliche Kunstwerke oder erlesen edle Weine gibt, muss keine Konsequenzen für mich haben – auch wenn ich mit der Existenz guter Weine, der Existenz Gottes und herrlicher Kunstschätze rechne. Verrückt, nicht wahr?! Johannes der Täufer war berühmter als Jesus und hatte mehr Anhänger, obwohl er keine Wunder vollbrachte. Krisen sind effektiver als Wunder.
Es ist die Chance und Aufgabe von Krisen, neue Erfahrungen und Möglichkeiten von Problemlösungen zu eröffnen. Das gilt auch für Glaubenskrisen. In diesen entsteht nun mal leider Verwirrung. Sie ist die Gelegenheit, dass dadurch neue Perspektiven entstehen können. Not lehrt beten. Gott nutzt solche Gelegenheiten, um sich zu offenbaren. Die Bibel ist voll von Verwirrungsgeschichten. Buddha lehrte „Verwirrung ist ein Pfad der Meditation“. Damit ein Kaleidoskopmuster neu entsteht, muss das alte Muster zunächst durcheinander geraten.
Ich bin der Überzeugung, dass dabei nicht nur neues entsteht, sondern dass die Erinnerung an einen Zustand (oft nur Momente) entsteht, in dem wir einst gedankenlos mit Gott verbunden waren wie im Mythos vom zeitlosen Paradies vor dem sogenannten Sündenfall oder dem Leben im Uterus der Mutter. Eine besondere Form dieses Erinnerns wird im Islam SICKER genannt. 2 voneinander gespaltene Prinzipien werden gegenüber gestellt, das Gefühl und der Verstand. die sich zu etwas altem Früheren verbinden, der Intuition, dem Glauben an Gott. Diese Meditation klingt dann so: „Allah hu, Allah hu,… la illah la illalha, ,… la illah la illalha,…Allah hu, Allah hu,…“ Ich erzähle Euch dies nicht, um für den Islam zu werben. Ich will auch nicht so tun, als gäbe es da keine Unterschiede, da wir „doch alle an den einen Gott glauben“. Es soll nur ein Beispiel für ähnliche Techniken in anderen Religionen sein.
Wenn wir die Techniken prüfen, können wir das Gute behalten. Was das Gute ist, entscheidet jede Gemeinde selbst. Manche schätzen die Trance, die in Pfingstgemeinden entsteht. Andere lehnen diese Trance ab. Ich schlage etwas vor, das ganz nüchtern mit christlichen Gedanken spielt. Die Frage, was christlichen Glauben ausmacht, erzeugt in der Diskussion schnell die Gegenfrage, was christlichen Glauben definitiv nicht ausmacht. So wird das Nachdenken eingeklemmt zwischen den Begriffen Glauben und Unglauben. Das Andere ist dann immer nur das Gegenteil vom Einen. Es gibt z.B. nur Mann oder Frau und nichts dazwischen. Dieser Dualismus führt uns nicht weiter. Darum frage ich nicht „Was ist das (bestimmte) Andere?“, sondern „Was ist etwas anderes?“ So fragte auch Jesus nicht „Wer ist mein Nächster?“, sondern „Wem bin ich der Nächste?“: „Wer war dem unter die Räuber gefallenen Mann der Nächste?“ Dieses Querdenken ist also durchaus auch christliche Praxis. Bei den Arbeitern im Weinberg wird die Frage nach „Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit“ erweitert durch die Begriffe „Neid und Güte“. Da kann sich jenseits der Antipoden und Ambivalenz das Herz öffnen, ein frischer Wind wehen. Da arbeitet heilend die Heilige Geistin, die Ruach, … in Dir …und mir …und ihr.
Ich möchte nun bei allen, die dies möchten, mit 3 Fragen etwas konstruktive heilige Verwirrung stiften, ein Querdenken jenseits der gewohnten Dualität von Glaube und Unglaube, Gut und Böse, „hetero“ und schwul, Mann und Frau, etc.… Ich frage nicht: „Was ist das Andere, das Gegenteil?“ Ich frage „Was ist etwas anderes?“ So kann sich das anders geartete unabhängig vom einen entwickeln. Was dadurch passieren kann ist, dass sich plötzlich das Herz öffnet und Menschen es von Gott füllen lassen mit seiner Liebe, Güte und Barmherzigkeit und alles abwerfen, welches Menschen die menschliche Kraft raubt.
Darüber entscheide jedoch letztlich nicht ich, sondern Gott, genau so wie er dem Paulus den Traum, die nächtliche Erscheinung sandte und der jüdischen Purpurhändlerin das Herz auftat.
Hier sind die 3 Fragen für Dich: Antworte nur still in Gedanken! Wirklich ALLE Antworten sind erlaubt.
Frage 1) „Was ist für Dich Glaube?“
…………………………………………………………
Frage 2) „Was ist etwas Anderes?“
…………………………………………………………
Frage 3) „Was bist Du?
…………………………………………………………Frage 1) „Was ist für Dich Glaube?“
Frage 2) „Was ist etwas Anderes?“
Frage 3) „Was bist Du?“Frage 1) „Was ist für Dich Glaube?“
Frage 2) „Was ist etwas Anderes?“
Frage 3) „Was bist Du?“Usw.
Stell Dir diese Fragen immer wieder.
Solange die veralteten Denkmuster zwischen den Fragen nicht durch Diskussion genährt und strukturiert werden, … werden sie wie Waffen stumpf oder untauglich wie ein zerschlissener Mantel, der die Wahrheit verdeckt, oder wie vertrocknete Zwiebelschalen abfallen, wodurch nunmehr kreative Verwirrung lebendige junge Kraft aus dem Innern und christliche Neuorientierung entstehen kann, ( INSHALLAH ) wenn Gott es will. Bei Paulus geschah die räumliche Neuorientierung im Traum und da, wo plötzlich entgegen entmutigender Frustration Gottes Wille anscheinend in die Geschicke der Menschen (der Urgemeinde) eingreift. Die wichtige Frage ist nun: Wie wird Eure Neuorientierung entstehen? Wie wird Deine Neuorientierung entstehen, quer zu den alten unbrauchbaren Antworten…. ?
Viel Glück Euch und Gottes Segen und seinen Frieden, der eben nun mal höher ist als alle unsere Vernunft! AMEN