Andacht MCC Köln, 2. Januar 2022
Daniel Großer
Thema: Der Friede Gottes
Impuls
“Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!” (2. Korinther 1, 2)
Als Stefan und ich diese Andacht geplant haben, sind wir sehr schnell von dem Gedanken begeistert gewesen, den Friedensgruß in die Mitte dieses ersten Sonntages im Jahr zu stellen. Mir kommt es sehr gelegen, denn jedes Jahr kurz vor Silvester habe ich ein kleines Ritual: ich verabschiede mich vom alten Jahr.
Ich halte Andacht. Ich gehe in Besinnung und denke an alles, was da gewesen ist. Mir fallen die Begegnungen ein, die ich in dem Jahr hatte – kurze, lange, schöne, traurige. Ich freue mich noch einmal über das, was gut war. Ich betrachte noch einmal das, was schlecht gewesen ist. Dann spreche ich ein Dankgebet und lasse alles ziehen. Nicht so, wie man einen Luftballon in den Himmel fliegen lässt und nie wieder sieht. Eher so, wie wenn man Fotos in ein Album klebt, und es dann in den Schrank stellt. Eine neue Seite wird aufgeschlagen. Ein neues Jahr beginnt. Die Weichen können neu gestellt werden. Und das Vorzeichen, mit dem alles beginnen soll, ist der Friede Gottes.
Gott ist mit dir und mit mir – wir gehen nicht alleine durch die Zeit. Einer geht mit uns, vor uns, hinter uns, dem wir vertrauen können.
Aber Moment mal. Friede? Was heißt hier Friede? Wie soll das denn aussehen, ganz konkret? Ist Gottes Friede nicht nur ein schönes Wort, ein Gedankenspiel, eine Wunschvorstellung?
Jesus Christus selbst spricht fast gar nicht über den Frieden. Es sind die Propheten des Alten Testaments, die vom “Friedefürst” (Jesaja 9, 5) sprechen, und es sind die Apostel, die den Frieden Christi betonen (Kolosser 3, 15). Aber von Jesus wissen wir bestenfalls zwiespältiges über den Frieden. Spätestens, als er sagt: “Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert” (Matthäus 10, 34) wird klar: Jesus unterscheidet zwischen Harmonie und Frieden.
Es ist mir wichtig, von Jesus nichts einzufordern, was er nicht versprochen hat. Was verspricht Jesus aber nun über den Frieden?
“Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.” (Johannes 14, 27)
Woran kann ich den Frieden Gottes erkennen? Was sind seine Eigenschaften? Welche Symptome zeigen mir, dass mir der Frieden Jesu begegnet, der anders ist, als wie die Welt gibt?
Die erste Gemeindeversammlung der MCC Köln, die ich erlebt habe, fand ich nicht friedlich. Die damaligen Mitglieder redeten viel durcheinander und hörten sich nicht zu, fielen sich gegenseitig ins Wort und stritten sich. Ich erinnere mich aber noch an mein Staunen darüber, dass ich damit inneren Frieden hatte. Heute glaube ich, dass ich Gottes Frieden so erkennen kann.
Er lässt mich in Frieden sein wider den äußeren Schein. Vielleicht erinnerst du dich an Momente, in denen du wider alle Vernunft ganz im Frieden warst, wenn es hektisch oder chaotisch zuging?
Umgekehrt führt der Friede Gottes mich in oft in den Unfrieden oder Unzufriedenheit mit dieser Welt. Das ist das Schwert, von dem Jesus spricht. Ich war einmal für einige Monate in einer Gemeinde, die alle meine Erwartungen zu erfüllen schien: Es gab ein schönes Gemeindezentrum, große Gottesdienste mit guten Predigten, zahlreiche Hauskreise, professionelle Musik, soziale Arbeit, Gemeindefreizeiten, einen Büchertisch, und vieles mehr, auf das wir als MCC Köln vielleicht neidvoll blicken. Was aber rührte mich innerlich so auf? Warum kam ich nicht zur Ruhe?
Ich weiß es bis heute nicht genau, aber der Friede Gottes in mir wollte sich offensichtlich nicht mit dem konkreten Frieden dieser Gemeinde einig werden. Kennst du das, dass der äußere Friede dir zu wenig ist?
Wenn wir heute einander den Frieden Gottes zusprechen, dann sind wir dabei aufmerksam. Die Pandemie zwingt uns, neue Wege zu finden, wie wir einander ein Zeichen des Friedens geben. Aber sind wir mal ganz ehrlich – war das nicht immer schon so? Wie schnell nutzt sich eine Umarmung ab, wenn sie zum Ritual wird? Wie wahrhaftig gilt uns denn ein Lächeln noch unter vielen? Was bedeutet mir schon der Friedensgruß eines anderen Gemeindemitglieds, wenn ich kurz vor oder nach dem Gottesdienst bereits wieder über Aspekte des Gemeindelebens streite, sei es die Gestaltung der Räume oder das Verhalten im Gottesdienst?
Nein, mit einer Umarmung, einem Händedruck oder einer Verneigung war es auch vor Corona schon nicht getan, wenn ich ganz ehrlich bin.
Im Friedensgruß begegnest du mir als Schwester und als Bruder in Christus. Unsere einzige Gemeinsamkeit mag darin bestehen, dass Jesus dir und mir seinen Frieden zugesprochen hat.
Dieser Friede ist beständig, und er ist bei dir und mir.
Wird uns das heute genug sein, um einander zu begegnen?
Was machen wir aus diesem Frieden nun füreinander?
Wozu kann dich dieser Frieden in diesem neuen Jahr befähigen?
“Er aber, der Herr des Friedens, gebe euch Frieden allenthalben und auf allerlei Weise. Der Herr sei mit euch allen!” (2 Thessalonicher 3, 16)
Fürbitte
Wegen der Gewalt und Not in den Familien, auf den Schulhöfen und Klassenzimmern, in Partnerschaften, zwischen Nationen und Menschengruppen auf der ganzen Erde bitten wir:
Christus, erhöre uns.
Wegen der Unfähigkeit von uns anderen Menschen, nachhaltig, verantwortungsvoll und maßvoll mit der Schöpfung und ihren Grenzen umzugehen, bitten wir:
Christus, erhöre uns.
Wegen der Ungewissheit über dich, Gott, und deine Liebe, die unser Handeln und das Handeln von Kirchen prägt, bitten wir:
Christus, erhöre uns.
Wegen unserer Liebe zu dir und wegen der MCC Köln und allen, die mit ihr verbunden sind, bitten wir:
Christus, erhöre uns.
Wegen derjenigen, die sich zurückgezogen haben in Einsamkeit, Zynismus oder Depression, und wegen derer, die nicht mehr lieben können oder wollen, bitten wir:
Christus, erhöre uns.
Wegen der an Leib oder Seele Kranken in den Betten, Altenheimen, Krankenhäusern und Anstalten bitten wir:
Christus, erhöre uns.
Wo wir zu Zeugen deiner Gnade geworden sind, danken wir dir, dreieiniger Gott. Amen.
Segen
Unser liebender Gott in der Herrlichkeit der kommenden Welt,
und Jesus Christus in der Kraft seiner Kindschaft Gottes,
und die heilige Geistkraft durch ihr lebendiges Leben und Wirken
mögen dich im Frieden Gottes erhalten und wachsen lassen.
Gott wohne in dir, wenn du nach deinem Herzen gibst.
Jesus Christus wachse in dir, wenn du nach deinem Herzen empfängst.
Die heilige Geistkraft entfache deine Lebendigkeit, wenn du in das Leben trittst.