Predigt MCC Köln, 18. Jan. 2015
Daniel Großer
Joh. 2, 1-11: „Die Hochzeit zu Kana“
Es gibt zwei Arten von Menschen:
- Die Menschen, die Jesus auf jeden Fall zur Hochzeit einladen würden.
Denn hey – der Typ kann aus Leitungswasser besten Rotwein machen. - Die Menschen, die Jesus auf gar keinen Fall zur Hochzeit einladen würden.
Denn hey – der Typ sorgt dafür, dass die lästigen Gäste noch länger bleiben, viel zu viel trinken, und sich dann womöglich noch daneben benehmen.
Welcher dieser beiden Gruppen das Brautpaar von Kana angehört hat, können wir heute nur noch mutmaßen. Wir können jedoch gewiss davon ausgehen, dass sie nicht ahnen konnten, was auf dieser Feier geschehen würde; das ahnte wohl niemand.
Zu seiner Hochzeit lädt man Menschen ein, die man mag und wertschätzt, die man gerne um sich hat, mit denen man seine Freude teilen kann. Das war zu Jesu Zeiten gewiss nicht anders. Wenn das Brautpaar also Maria und Jesus zu diesem Fest einlädt, dann verrät uns das etwas darüber, wie Jesu Zeitgenossen ihn wahrgenommen haben. Dieser Jesus, das muss jemand gewesen sein, den man gerne um sich hatte, dessen Humor, Tiefe und Authentizität bei den Menschen gut ankamen, jemand, den man gerne zum Freund hat. Mit dem man auch mal ein Glas leert, mit dem man lachen kann, mit dem man bis tief in die Nacht hinein redet und seine Sorgen teilt. So andersartig Jesus auf seine Art als Mensch-gewordener Gott gewesen sein mag, so sehr war er doch auch eingebunden in das Leben der Menschen um ihn herum. Das können wir auch heute verstehen: Schön und wohltuend ist es, einen wundervollen Abend im Kreise seiner Freunde zu verbringen, die Stunden fliegen dahin. In gleicher Weise schön und wohltuend ist die Gesellschaft rund um das Bautpaar mit allen Gästen, Jesus und den Jüngern. Es brauchte nicht erst das Wunder mit dem Wein, damit Jesus ein gern gesehener Gast auf dieser Feier ist.
Das Johannes-Evangelium berichtet nun davon, dass Jesus sich nur drei Tage zuvor vom Täufer Johannes taufen lassen hat. In den darauf folgenden zwei Tagen schließen sich zwei Jünger des Johannes Jesus an, sowie drei weitere Jünger aus deren Verwandtschafts- und Bekanntschaftskreis. Auch das ein Zeichen dafür, dass die Menschen gerne um Jesus sind. Wenn Jesus und Maria dann mitsamt der Jünger an der Hochzeit zu Kana teilnehmen, dann sprechen wir von schätzungsweise 7 Personen, Jesus, Maria und 5 Jüngern.
Für die 5 Jünger müssen diese ersten Tage aufregend gewesen sein. Sie haben ihr Zuhause verlassen um diesem Mann zu folgen, dem neuen König Israels. Ein mutiger Schritt. Wie mag sich dieser Jesus verhalten? Welche Ereignisse werden geschehen? Wie errichtet er sein Königreich? Wird er ihre Erwartungen an ihn erfüllen? Sicherlich waren sie ungeduldig, dass sein großes Werk endlich beginnt.
Vielleicht waren die Jünger dann überrascht, dass der erste öffentliche Auftritt Jesus ihn in keiner einzigen seiner heilbringenden Funktionen fordert.
Jesus ist nicht der Hauptakteur des Geschehens – alles dreht sich um das Brautpaar. Die Rolle Jesu auf der Hochzeit ist die des Teilnehmenden, des Empfangenden. Er drängt sich nicht in den Vordergrund, auch nicht durch die Wandlung des Wassers zu Wein.
Jesus ruft niemanden zur Umkehr auf. Der Eremit Johannes hat den Jüngern Entbehrung und radikale Lebenswende gepredigt. Bringt Jesus nun den Wandel? Scheinbar nicht: Auf dieser Feier muss niemand seine Sünden bereuen, niemand auf den rechten Pfad zurückkehren, niemand ein neues Leben beginnen, niemand sich von Grund auf ändern.
Jesus schafft keine neuen Umstände. Er nimmt Teil an einem rauschenden Fest und bestärkt die Gäste sogar noch darin, sich weiter zu berauschen. Radikaler Umbruch? Fehlanzeige: Im Grunde sorgt Jesus dafür, dass alles so weitergehen kann, wie es gerade ist.
Für die Jünger Jesu ist es ja erst der dritte Tag mit ihm, sie lernen ihn gerade eben kennen. Die ersten Eindrücke, die sie von diesem Jesus mitnehmen, werden sie prägen und ihr Bild von ihm bestimmen. Das Brautpaar hat ihnen diese ersten Eindrücke vorraus, es hat Jesus zuerst als Freund kennengelernt. Deswegen ist Jesus Gast auf dieser Feier, und deswegen genießt er das Vertrauen, seine eigenen Freunde mitzubringen. Das Brautpaar hat Jesus zuerst als Freund kennengelernt – und so sollen auch die ersten Jünger Jesus kennenlernen in seiner wichtigsten Rolle: Als Freund.
Jesus zuerst als Freund erleben.
Diese Erfahrung wird alles überschatten, was die Jünger später von Jesus kennenlernen. Sie werden ihn als Gottessohn sehen, als Retter, als Revolutionär, als Kämpfer, als Tröster, als Prediger, als Erlöser, als Wundertäter, als Ausgelieferten, als Lebensbringer, als Heiland der Welt. Ja, es ist wahr. Das alles steckt in ihm drin, alles das zeichnet Jesus Christus aus. Aber zuallererst und vor allem will Jesus von ihnen als Freund erlebt werden.
In den Fürbitten beten wir oft so: “Du, Herr Jesus, bist der Freund der Menschen”. Wir beten so, weil diese Freundschaft Jesu der feste und unumstößliche Anfang unserer Hoffnung ist. Wenn Jesus unser Freund ist, können wir uns voller Vertrauen an ihn wenden.
Sowohl die Hochzeitsgesellschaft zu Kana, als auch die Jünger und viele unserer Schwestern und Brüder, die uns vorausgegangen sind, haben diese Erfahrung gesammelt. Sie haben Jesus Christus zuallererst als Freund erfahren, deswegen konnten und wollten sie sich auf ihn einlassen, ihn zu sich einladen, sich auf seine Wege begeben. Und sie haben erfahren: Dieser Jesus ist ein guter Freund – er lässt sie nicht im Stich. Dieser Jesus sorgt für Freude, die von Dauer ist. (Notfalls sogar mit Alkohohl im Falle von Kana…) Dieser Jesus bringt Leben, das Bestand hat. Diesem Jesus kann auch der Tod nichts anhaben. Dieser Jesus gibt Hoffnung, auf die man sein Leben getrost bauen kann.
AMEN.
Fragen für die Stille
- In welcher Funktion erlebst du Jesus für dich? Welcher Begriff würde deinen Bezug zu ihm am ehesten treffen? Wie hat das dein Bild von Gott und von dir selbst geprägt?
- Was erwartest du von Freundschaft? Ist Jesus diesen Erwartungen gerecht geworden, oder könnte er es? Wie würde sich deine Freundschaft zu Jesus ausdrücken?
- Die Hochzeitsgesellschaft und die Jünger erleben Wunder erst als Begleiterscheinung von Jesu Freundschaft. Die Freundschaft Jesu steht also vor den Wundertaten. Welchen Wert misst du Wundern bei? Was würdest du an der Erzählung der Hochzeit von Kana vermissen, wenn kein Wunder geschehen wäre?