MCC Köln, 7. März 2021
Martina und Nadja
8.3. Weltfrauentag
Galater 3,26-29
Lukas 17,20-21
Wir haben uns entschieden, anlässlich des Weltfrauentags am 8. März in diesem Göttinsdienst rein weiblich zu sprechen, also nur die weibliche Form zu wählen. Wir machen es aus Lust daran und der Freude und zu Ehren der Frauen.
Wir möchten keine damit diskriminieren, sondern Frauen damit feiern. Sollte es euch an manchen Stellen seltsam erscheinen, könnt ihr – wenn ihr wollt – das als Erfahrung nutzen, wie es uns oft geht.
Lasst uns gemeinsam Weltfrauentag feiern.
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Auch von mir Herzlich Willkommen zum Göttinsdienst, einen Tag vor dem Weltfrauentag. Wie Martina schon gesagt hat, wollen wir heute die Weiblichkeiten feiern und auf Missstände hinweisen. Dies tun wir alles in der Gegenwart der Göttin, in all ihren Erscheinungsformen. Sie ist bei uns – jetzt und hier.
Sie ist unsere Schwester, die sich in Jesus Christus offenbart und uns errettet hat.
Sie ist die Göttin im Himmel, die uns alle erschaffen hat und voller Liebe über uns wacht.
Und sie ist die Ruach, die uns mit Rat, Trost und ermutigenden Worten begleitet.
Ich entzünde die Gemeindekerze, um uns mit allen Schwestern dieser Welt zu verbinden. Schwestern aus allen möglichen Konfessionen, mit allen die zu keiner Kirche gehen können oder wollen, aus allen Kontinenten, allen Bildungshintergründen, und allen Familienmodellen.
Was liegt im Argen?
Der erste Punkt, der mir einfällt, ist der allseits bekannte Gender-Pay-Gap. Unabhängig davon, wie groß der Unterschied genau ist – denn das hängt von der Art und Weise ab, wie gerechnet wird – ist unbestritten, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Wie kann das sein? Dafür fehlt meines Erachtens nach jede Grundlage. Und damit einher geht die Tatsache, dass Frauen manche Dinge einfach nicht zugetraut werden. Einer feminin aussehenden Frau (entschuldigt die stereotype Wortwahl, aber mir ist kein passenderer Begriff eingefallen) wird in vielen Bereichen nachgesagt, dass sie nicht taff sei. Ihr wird nicht zugetraut, sich durchsetzen zu können oder gar eine Firma zu leiten. Und auf der anderen Seite gibt es androgyn aussehende Frauen, denen ihre Weiblichkeit abgesprochen wird. Ihnen wird abgesprochen gute Mütter zu sein oder sogar nachgesagt, dass sie „halbe Männer“ seien. Was ist das bitte für eine Formulierung? Und was genau will die Person sagen? Ich versteh es einfach nicht. Kurz gesagt fehlt leider in vielen Bereichen immer noch die Wertschätzung, dass Frauen etwas gut können.
Gleichzeitig erfahren wir einen Rückschritt in der Befreiung von Frauen. Es gibt pinkes Lego. Damit Mädchen von klein auf lernen, dass sie nicht die Norm sind, sondern etwas anderes. Mädchenabteilungen in Kaufhäusern strotzen vor Pink, auch für Jungen ist die Auswahl wieder viel schmäler geworden. Die Geschlechterstereotypen werden wieder verfestigt. Was vor zwanzig Jahren bereits erkämpft war, wird wieder zurückgenommen.
Ein weiterer nicht so leichter Punkt ist die Tatsache, dass auch heutzutage noch weibliche Genitalbeschneidungen (FGM/C) in Deutschland stattfinden. Ich habe, Gott sei Dank, selbst keine Erfahrungen oder Berührungspunkte damit in meinem Leben. Aber wir wollen heute nicht nur in unser eigenes Leben schauen, sondern auch Frauen in andern Lebensrealitäten mitdenken und ihnen Raum geben. Bei der weiblichen Genitalbeschneidung wird Wort wörtlich die Weiblichkeit einer Frau beschnitten. Das können wir nicht einfach so hinnehmen.
Ganz aktuelle im Lockdown sind es vor allem die Frauen und Mütter, die Zuhause bleiben. Die gleichzeitig den eigenen Beruf im Homeoffice und die Betreuung der Kinder im Homeschooling schultern müssen. Die Emanzipation ist um Jahre zurückgeworfen.
Ich freue mich auf eine Zukunft, wo es egal ist, welches Geschlecht eine Person hat. Wo alle Menschen gleichbehandelt werden und die die selben Recht. Aber bis es so weit ist, werde ich jedes Jahr besonders am 8. März auf die bestehenden Missstände hinweisen. Bei allem Negativen lasst uns aber folgendes nicht vergessen: Es ist schön, eine Frau zu sein.
Gedanken zu den Bibelstellen
Galater 3,26-29
Das Altgriechische Wort für „Sohn“ oder „Kinder“ (Bibel in gerechter Sprache) meint eine enge Beziehung zu den Eltern/der Göttin. In einer anderen Bibelstelle wird das gleiche Wort verwendet, allerdings bedeutet es dort Kinder, unabhängig von dem Geschlecht. Die Quintessenz aus dieser Bibelstelle (Gal 3,26-29) ist für mich, dass alle Menschen eine enge Beziehung zur Göttin haben können. Das ist in keinster Weise abhängig vom Geschlecht. Allen Menschen (Mann, Frau, inter*, und allen darüber hinaus) – uns allen – gebührt die Liebe und Zuwendung der Göttin!
„nicht männlich, noch weiblich“ – das klingt ganz nach inter. Nicht Mann noch Frau, nicht Sklavin noch Freie… das wäre ja schön, wenn die Bibel hier auch an andere Geschlechter denken würde als die binären. So ist diese Stelle aber nicht gemeint, denke ich. Es geht viel mehr um Vorherrschaft, um ein oben und unten, um Unterdrückung, die abgeschafft werden soll. „Bei euch sei es anders.“ Was der Galatherbrief beschreibt, ist das Reich Göttins. Jesus hat in vielen Stellen eine Umkehr der Verhältnisse gepredigt. Aber keine Umkehr mit denselben Regeln, nur andersrum. Das die Frauen jetzt ein paar tausend Jahre das Sagen haben und dann schauen wir mal, wie wir es zusammen machen. Reich Göttins war immer gedacht als eine Aufhebung der Ungerechtigkeiten, ein Reich der Gerechtigkeit.
Lukas 17,20-21
Der Himmel ist kein Konstrukt, dass in weiter Ferne liegt, sondern ist hier und jetzt auf der Erde. Wir müssen nicht erst die Mühen dieser Welt ertrage, um irgendwann zur Göttin zu kommen. Nein. Wir sind jetzt schon Kinder Göttins und haben einen Platz in ihrer Liebe! Für diesen Himmel gibt es keine Bedingungen! Vielmehr ist er überall dort, wo Menschen aller Geschlechter in gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Wertschätzung miteinander leben.
Ja, Reich Göttins ist mitten unter uns. Nicht irgendwann. Darf nicht benutzt und missbraucht werden, um Unterdrückten zu sagen, haltet das brav aus, dann werdet ihr im Jenseits, im Himmel den Lohn bekommen. Und die Gewinnerinnen bleiben die gleichen. Reich Göttins war immer schon sehr politisch und hat die „gegebenen“ Systeme in Frage gestellt.
Lasst uns für diesen Himmel in der Welt, dieses Reich Göttins eintreten. Lasst uns unsere Stimme erheben, wenn es nötig ist. Menschen in den Arm nehmen, wenn sie es brauchen und einander annehmen, wie wir sind – mit allen femininen, allen maskulinen und allen weiteren Teilen unserer Persönlichkeit. Dies können wir konkret in folgendem tun:
- In unseren Alltag, auf unsere Arbeit und in unseren Gemeinden
- Dafür eintreten, dass
- Menschen aller Geschlechter predigen dürfen
- Handwerkerinnen auf dem Bau ein vernünftiges WC zur Verfügung steht (manchmal gibt es nicht mal ein DIXI-Klo)
- Alle das gleiche Gehalt bekommen, unabhängig welches Geschlecht eine Person hat
- Feminine Frauen in Führungspositionen ernst genommen werden
- Lasst uns an passender Stelle auf Missstände hinweisen
- ich wünsche mir, dass Männer sich stark machen für Frauenrechte, so wie Frauen immer schon sich eingesetzt haben z.B. für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
- Geht Demonstrieren
- seid stolz, eine Frau zu sein
- Schenkt den femininen Anteilen im Gegenüber echte Wertschätzung
- Sprecht androgyneren Frauen* nicht ihre Weiblichkeit ab
- Nehmt einander ernst und achtet aufeinander!
Das sind unterschiedliche große oder aufwendige Dinge, sucht euch das, was ihr machen könnt und wollt und bringt damit ein Stückchen Himmel in eure Welt! Ein Hoch auf die Weiblichkeiten in uns allen!
Segen
Die Göttin, unsere Schwester und die Ruach segne alle Anteile deiner Geschlechtlichen Identität – alle weiblichen, alle Männlichen und alle darüber hinaus. Sie schenke dir die Kraft, Missstände anzusprechen, wenn es nötig ist und Differenzen auszuhalten, wenn sie nicht zu lösen sind. Sie gebe dir wahre Freude an den Dingen, für die du einstehst. Sie gebe dir, besonders in diesen etwas anderen Zeiten, das Durchhaltevermögen, wenn Konflikte schwierig oder Tage zu lang werden.
Göttin segne dich, sie begleite dich auf deinem Weg, deine Worte mögen verstanden werden und deine gerechten Taten mögen Einfluss haben, auf dass deine Seele gesättigt sei mit Leben.