Predigt MCC Köln, 13. April 2014
Daniel Großer
Palmsonntag (Palmarum): Heb 12,1-3
Über Hebräer 12, 1-3 ist schon viel gepredigt worden. Viel mehr sicherlich, als über die beiden bemerkenswerten Verse unmittelbar davor.
“Diese alle [Anm.: die Glaubenshelden] haben durch den Glauben Gottes Zeugnis empfangen und doch nicht erlangt, was verheißen war, weil Gott etwas Besseres für uns vorgesehen hat; denn sie sollten nicht ohne uns vollendet werden.”
Diese beiden Verse stellen dich und mich in Beziehung zu den Menschen, von denen der Hebräerbrief uns berichtet, dass sie durch den Glauben Gottes Zeugnis empfangen haben. Andere Bibeln-Übersetzungen drücken das so aus: Menschen, an denen Gott Freude empfindet.
Noah, Rahab, Mose, du, Abraham, ich. Der Hebräerbrief sieht in uns eine Schicksalsgemeinschaft der Menschen, an denen Gott Freude empfindet. Unsere Vorfahren im Glauben sind Teil dieser Schicksalsgemeinschaft dank ihrer Geschichte, durch die wir heute von Gott wissen, hören, und glauben. Jesus selbst ist Teil dieser Schicksalsgemeinschaft. Jeder und alles, was dir auf deinem Lebensweg geholfen hat, dass du glaubst oder glauben möchtest, ist Teil dieser Schicksalsgemeinschaft.
Der Hebräerbrief bestätigt dir und mir: Auch wir sind Teil dieser Schicksalsgemeinschaft.
Eine Schicksalsgemeinschaft, das ist eine Gemeinschaft, in der jeder vom anderen abhängt. Einer für alle, alle für einen.
“Denn sie sollten nicht ohne uns vollendet werden.” – Der Glaube derer, die vor uns waren und uns Gott bezeugt haben, dieser Glaube wird zusammen mit uns vollendet – nicht ohne uns.
Du und ich, wir schulden Sara und David aus dem Alten Testament also nichts, denn auch wir sind Teil ihrer Geschichte mit Gott, die
- noch lange nicht abgeschlossen ist
Solange Jesus noch nicht wiedergekommen ist, könnten wir das Kapitel der Glaubenshelden einfach weiterführen. Es darf neben Adam und Eva, Abraham, Jakob, Isaak und Mose auch Maria, Petrus, Elisabeth von Thüringen, Luther, Bonnhoeffer enthalten, es darf Stefan und Gabriele, Bodo und Ansgar, Marianne und Janine, Dorothea, dich und mich enthalten.
- mit uns gemeinsam geschieht
Wenn Gott sich auf dieser Welt zeigt und erlebbar macht, dann mit ihren Menschen. Dazu braucht es dich und mich. Es gehört meiner Meinung nach zu den schwer erklärbaren Wundern, wenn die Worte und Erlebnisse anderer Menschen mir Helfen, etwas über Gott zu erfahren und an sie zu glauben. Mit den Zeugen, die uns begegnet sind, kann Gott sich offenbaren. So auch mit uns.
- uns mit Gott auf wunderbare Weise verbindet – das ist die Vollendung.
Wir glauben und verkünden, dass Jesus Christus die Endgültigkeit des Todes gebrochen hat und uns mit Gott verbindet. Die Vollendung, das heißt, dass wir mit Jesus Christus eingehen in die ewige und grenzenfreie Nähe zu Gott, der Quelle aller Liebe, allen Glaubens, aller Hoffnung.
[Pause]
Wenn wir am Beginn des Gottesdienste die Gemeindekerze anzünden, dann können wir diese drei Verheißungen aus dem Hebräerbrief mitnehmen.
Deine und meine Geschichte mit Gott
- ist noch nicht abgeschlossen, ob wir nun leben oder sterben.
- stellt uns in einen Kreis mit unseren Schwestern und Brüdern,
ob wir oder sie nun leben oder sterben. - verbindet uns durch Jesus, unseren Freund und Bruder, mit Gott selbst in vollendeter Liebe. Ob wir nun leben oder sterben.
[Die drei Verheißungen an die Wand projizieren und für einige Zeit wirken lassen.]
Ich möchte die drei Verse des eigentlichen Predigttextes nun gerne für sich selbst sprechen lassen, denn ich bin davon überzeugt, dass sie Antwort geben auf diese drei Verheißungen, die ihnen vorangestellt sind.
Wir hören den Predigttext in zwei Fassungen, die aus unterschiedlichen Möglichkeiten der Übersetzung des Urtexts stammen.
Die Übersetzung nach Luther schreckt nicht vor Abgründen wie Sünde, Kampf und Leid zurück. Sie antwortet auf die Verheißungen:
“Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt, und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande geringachtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.”
Meine freie Übertragung folgt der Übersetzung des Urtextes nach dem Bildnis eines sportlichen Wettkampfes. Sie antwortet auf die Verheißungen:
“Darum auch wir: Weil wir eine solche dichte Menge von Begleitern um uns haben, last uns ablegen, was uns beschwert, und die Zielverfehlungen, die uns ständig umstricken, und lasst uns laufen mit Ausdauer in dem Lauf, an dem wir teilnehmen, und aufsehen zu Jesus, dem Beginn und Ziel unseres Glaubens, der, obwohl er hätte abkürzen können, das Kreuz trug und der Schande trotzte, und vorgeeilt ist auf das Siegertreppchen Gottes. Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich von den Nörglern geduldet hat, damit ihr langen Atem habt und kein Seitenstechen bekommt.”