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Begegnungen und Verheißungen – von Warten zu Wirklichkeit

Andacht MCC Köln, 12. Dezember 2021
Daniel Großer

Lesung: Markus 16,9-19

Pünktlich zum dritten Advent die Geschichte vom Ostermorgen.

Advent ist die Zeit des Wartens und der Erwartung des Christus, der in Jesus Mensch wurde. Ein freudiges Warten auf den, der das Heil aller Welt ist.
Heute warten viele vielleicht auf ihre Booster-Impfung, mehr oder weniger freudig. Bei den einen banges Hoffen auf das Ende der Pandemie, bei den anderen Rückzug ins Private und Vereinzelung bis zur völligen Einsamkeit, bei den nächsten ein mutiges „Jetzt-erst-Recht“.
Die Zeit unseres Advents erinnert mich tatsächlich mehr an die Geschichte aus dem Markusevangelium, die wir gerade gehört haben.

Immerhin ist mit Jesu Tod für seine Gefolgschaft der größte anzunehmende Unfall aufgetreten, ein Supergau. Und sie reagieren gar nicht so viel anders, als wir.
Der Kreis der engsten Jünger ist im HomeOffice und hat sich völlig zurückgezogen. Als Schüler des Meisters sind nun sie die Träger der Jesusbewegung. Man könnte sie als die Hauptamtlichen dessen bezeichnen, was man später Kirche nennen wird. Und wie so oft in der Geschichte aller Kirchen könnte man ihr Verhalten als ein Komplettversagen bezeichnen. Da hocken sie in ihrer Klause und brüten über ihrem Leid. Arme Apostel.
Unterdessen vereinzeln sich die anderen Mitglieder der Jesusbewegung, wie wir lesen. Einige Frauen suchen das leere Grab auf (und trauen sich nicht, darüber zu reden), andere machen sich auf den Weg zurück in ihre alte Heimat und ihr altes Leben, wieder andere ziehen sich zurück. Das beste also, was man in einer Pandemie machen kann. Arme Apostel.

Christus hingegen hat wieder einmal andere Pläne. Auf die Vereinzelung der ersten Christen reagiert Christus mit Begegnung. Er zeigt sich der Maria Magdalena. Und was macht sie? Sie geht zu den Jüngern, wird selbst zur Begegnung, doch man(n) glaubt ihr nicht. Christus begegnet danach zweien aus seiner Gefolgschaft auf dem Felde – wieder geschieht eine Begegnung. Und wieder dieselbe Wirkung: diese gehen zu den Jüngern – werden selbst Begegnung, doch man(n) glaubt ihnen nicht. Schließlich tritt Christus selber zu seinen Jüngern in eine dritte Begegnung, und hält ihnen ihren Unglauben vor. Keine dieser Begegnungen bleibt ohne Ereignis. Direkt danach beruft er sie in ihre Verantwortung, anderen zu begegnen und ihnen die Frohe Botschaft zu unterbreiten.

Mich fasziniert, dass der auferstandene Christus in dieser Geschichte so durchschlagenden Erfolg bei den Laien hat, aber so große Schwierigkeit mit dem „Klerus“.
Wenn du keine Pfarrerin, kein Bischof, kein Priester und keine Nonne bist, dann kann dir diese Geschichte auf die Schultern klopfen! Dein Dasein als Laie und Laiin in der Gemeinschaft der Glaubenden befähigt dich ganz ausgezeichnet zur Begegnung mit Jesus Christus! Lass dich nicht klein machen.

Christus ist ein Gott, der dich und mich nicht in die Vereinzelung des Alltags ruft, sondern in die Begegnung der Gemeinschaft. Bei Christus gilt kein Versammlungsverbot, sondern ein Gemeinschaftsangebot. Das gilt auch für dich und mich, heute in unserer Zeit, mitten in der Pandemie. Wie die Menschen damals, so hält Christus uns für würdig und fähig, dass wir einander die Frohe Botschaft bringen: Jesus lebt, die Liebe Gottes siegt über alle Widrigkeiten, dem Tod ist die Macht genommen, das Licht der Welt zeigt sich. Das ist unser Advent!

Und vielleicht erleben wir dieselben Verheißungen, die der auferstandene Christus in unserem Text seinen Jüngern zuspricht. Fragen wir einmal nach, ob wir nicht vielleicht sogar schon Zeuginnen und Zeugen davon werden, dass diese Verheißungen mitten unter uns in der MCC Wirklichkeit werden.

„In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben.“
Ist MCC eine Gemeinschaft in Christus, wo ich alles schlechte, was in mir Platz genommen hat, ansprechen und abschütteln darf? Erlebe ich nicht, dass meine tiefen Probleme gerade hier manchmal erst dramatisch zu Tage treten? Werden meine Dämonen mit ihren banalen Namen genannt – Habsucht, Geltungsdrang, Leistungsdruck, Selbstmitleid, … – und werde ich nicht hier eingeladen, sie abzuhängen, weil Gott mich in die Freiheit ruft?

„In meinem Namen werden sie in neuen Zungen reden“
Höre ich nicht in MCC Botschaften, die ich nirgends sonst in der Welt hören kann? Spricht man hier nicht ganz anders mit mir, als andernorts? Hat man mir hier nicht von Liebe, Glaube, Hoffnung und Güte erzählt? Wurde mir nicht hier bestätigt, dass ich unveräußerlich und unverkürzt geliebt bin ohne Wenn und Aber von der Quelle der Liebe selbst?

„In meinem Namen werden sie Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden“
Habe ich in der MCC nicht erlebt, dass die Giftigkeiten, die sich in mir und in Gemeinschaft einschleichen können, angesprochen und berührt werden können? Ist mir nicht aufgefallen, dass Menschen sich hier auch über Streit versöhnt haben? Habe ich nicht erlebt, wie auf Provokation mit Deeskalation reagiert wurde, auf Befremdung mit Aufmerksamkeit, auf Übergriffigkeit mit Ehrlichkeit?

„In meinem Namen werden sie Kranken die Hände auflegen, so wird’s gut mit ihnen.“
Habe ich in der MCC nicht erlebt, dass meine Krankheit aufgenommen und okay ist? Ging es mir nicht gut dabei, wenn ich mich nicht rechtfertigen musste für meine Schwäche? Habe ich nicht auch erlebt, wie Menschen an ihrer Seele hier gesund wurden? Habe ich mich niemals gestärkt und genährt gefühlt im Abendmahl, im Friedensgruß, im Segen?

[Stille]

Vielleicht ist Christus dir hier schon begegnet? Und vielleicht ist Advent für dich schon Wirklichkeit geworden? Und vielleicht wartet ein Stück deiner Frohen Botschaft nur darauf, dass du sie in einer Begegnung teilst?

AMEN.

 

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